Heslacher Sozialdemokraten, allen voran Karl Oster, waren es, die im Jahr 1908 den Arbeiter-Waldheim-Verein Stuttgart-Karlsvorstadt e.V. gründeten. Obwohl in der Stuttgarter Chronik aus diesem Jahr 115 Vereinsgründungen registriert wurden,war es der erste und einzige Verein dieser Art. Der Gründer und damaligeVorsitzende der SPD in Heslach, Karl Oster, nahm sich mit großem Interesse dersozialen Verhältnisse, insbesondere der kinderreichen Familien an. Diesogenannte „gute alte Zeit“ kannte noch keinen gesetzlichen Achtstundentag,bezahlten Urlaub und Wohnverhältnisse, die eine Entfaltung der eigenenPersönlichkeit begünstigt hätte. Der Weg zur Arbeitsstätte war häufig sehrweit, günstige Verkehrsmittel fehlten, so dass auch noch erhebliche Wegezeitendie ohnehin karge Freizeit schmälerten
Die Einkommensverhältnisse – derTaglohn betrug 1908 z.B. 3,50 Mark – reichten nicht aus, um große Ausflüge indie Umgebung zu machen oder mit der Familie gar zu Speis und Trank einzukehren.Zudem waren Familien mit Kindern nicht immer gern gesehen und die Kinder warenauch nicht glücklich darüber, bei den Erwachsenen brav am Wirtshaustisch zusitzen. So hieß dies für Frauen und Kinder meist, ihre Freizeit in engen unddunklen Wohnungen zu verbringen, sofern die Kinder nicht in Hinterhöfen spielenkonnten. Der Mann, „Herr der Familie“, nahm sich meist das Recht, imnahegelegenen Wirtshaus mit seinesgleichen einen Teil der Freizeit zuverbringen. Umstände, die nicht gerade geeignet waren, das Familienleben zufördern.
Hier Veränderungen herbeizuführenund Möglichkeiten zur Verbesserung des Familienlebens zu finden, war KarlOsters großes Anliegen. Eine Möglichkeit lag für ihn darin, in der damals wieauch heute noch schönen Umgebung Heslachs ein Gelände zu finden, das denFamilien Freizeit im Grünen erlaubte. Eine Freizeitgestaltung, die keinengroßen finanziellen Aufwand erfordert, der Jugend eine Spielmöglichkeit bietetund den Erwachsenen Kontakt- und Gesprächspunkte eröffnete.
Ohne die volle Tragweite und dievielen Mühen seiner Idee vorauszusehen, war Oster gewillt, seine Vorstellung zuverwirklichen. Mit seiner Tatkraft gelang es ihm auch geeignetes Gelände,damals „draußen im Dachswald“, zu finden. 36 Ar Baumgarten und Privatwaldschienen ihm geeignet. Damit war der Kaufpreis aber noch nicht aufgebracht undviele Stimmen in der SPD mahnten zur Vorsicht. Nicht wenige sahen in derKonzentration der Parteimitglieder auf diese Aufgabe eine Vernachlässigung dereigentlichen Parteiarbeit. Mit Anteilscheinen von 5,00 Mark und Spendenverschiedener Mitglieder wurde ein Grundstock gelegt. Er reichte jedoch beiweitem nicht für die Kaufsumme. Karl Oster, wie auch spätere Vorstände, gingenden Weg zur Brauerei Robert Leicht in Vaihingen. Dort hatte man Verständnis.Kommerzienrat Leicht und sein Prokurist Schädle waren aufgeschlossen undfortschrittlich genug, das Vorhaben Karl Osters zu erkennen und zu schätzen.Die Gewährung des Darlehens war verbunden mit einem Bierlieferungsvertrag über75 Jahre. Leichts persönlichem Interesse war es zu verdanken, dass derinzwischen gegründete Waldheimverein den Kauf der Grundstücke tätigen konnte.Karl Oster soll an diesem Tag gesagt haben: „Es kommt mir vor, als würde dieSonne heller scheinen als sonst“.
Verständlich, wenn man an dieüberwundenen Schwierigkeiten denkt und wie nahe Karl Oster seinem Ziel nun war.Mit viel Idealismus wurde der Wald gerodet und das Gelände hergerichtet.Tausende von Stunden mussten dafür aufgebracht werden und die Helfer warenfroh, wenn zu dem mitgebrachten Vesper ein Glas Most oder Bier gespendet wurde.Ohne diesen Idealismus wäre es nicht möglich gewesen, das Waldheim zu erbauen.
Das Waldheim wurde für dieGenossinnen und Genossen am 31. Mai 1908 eröffnet, die offizielle Eröffnung fürdie Bevölkerung erfolgte am Sonntag, den 14. Juni 1908. Die erste Einrichtungseiner Art wurde von Beginn an gut angenommen. War es doch auch wenigerbetuchten Leuten nun möglich, ins Grüne zu gehen und mit der Familie beibilligen Preisen Einkehr zu halten. Größer als erwartet war der Besuch anWochenenden, so dass schon 1909 ein weiteres Grundstück dazugekauft werdenmusste. Es wurde eine Unterkunftshalle errichtet, eine Kegelbahn gebaut. Fürdie damalige Zeit wurden enorme Summen investiert. Erstaunlich, dass dieVerantwortlichen eine solche Belastung auf sich nahmen, sicher ein Zeichenihrer Verbundenheit mit dem Waldheimverein.
In dieser Zeit litteninsbesondere die Kinder unter Hunger, Unterernährung und Krankheit. Die insLeben gerufene Arbeiterjugendhilfe übernahm während der Schulferien dieBetreuung und Fürsorge für die Kinder. Auch andere Organisationen nahmen sichdieses Problems an und so entstanden rings um Stuttgart verschiedene Waldheimemit dem Ziel, die Kinder während ihrer „Vakanz“ zu betreuen. Bei vierMahlzeiten betrug das Tagesgeld seinerzeit 80 Pfennig. Teilweise wurden diese Kinderauch neu eingekleidet. Für den Waldheimverein Heslach war esselbstverständlich, auch seine Einrichtungen diesem guten Zweck zu Verfügung zustellen. Schon im Jahre 1926 wurden 250 Kinder während ihrer Ferien im Waldheimversorgt. Darunter waren auch 40 Kinder aus Mitteldeutschland. Man war stolzdarauf, dass sie nach 6 Wochen Ferien Gewichtszunahmen von bis zu 15 Pfund zuverzeichnen hatten.
Wurde seinerzeit noch größererWert auf die Gewichtszunahme gelegt, so schätzt man heute vor allem den Kontaktmit der Natur, das Verhalten in der Gemeinschaft und die vielfältigenAnregungen beim Spielen und Gestalten. Das Ferienerlebnis im Waldheim war beinicht wenigen so beeindruckend, dass sie später als Erwachsene weiterhin denWeg dorthin fanden. Den Kindern machte ein Karussell und eine Schaukel, wie sieseit einigen Jahren wieder modern geworden sind viel Freude.
Die erstaunliche Entwicklung des Waldheimvereins,vorangetrieben durch den Einsatz vieler unermüdlicher Helfer, wurde durch denErsten Weltkrieg jäh unterbrochen. Geplante Erweiterungen und Bauten konntennicht mehr verwirklicht werden. Die Kriegszeit brachte Stillstand. Aber trotzaller Widrigkeiten der Zeit wurde alsbald nach dem Krieg nicht nur die Arbeitfortgesetzt, sondern auch für die Zukunft geplant.
Auf dem Platz der heutigenGaststätte sollte ein neues und größeres Haus entstehen, das den gewachsenenAnforderungen entsprach. Durch die Inflation verzögerte sich die Verwirklichungdes Vorhabens. Schließlich schafften es Zähigkeit und Ausdauer doch, obwohl derBau statt der veranschlagten 30.000 auf 68.000 Mark kam. Neben dem Bau desWirtschaftsgebäudes wurde für die Waldheim-Kinder auf dem Platz des heutigen„Walter-Mann-Hauses“ eine Hütte errichtet. Auch ein Planschbecken an der Stelledes heutigen Spielplatzes konnte geschaffen werden. Alles wurde getan, um dennotleidenden Kinder schöne Waldheimferien zu ermöglichen. Die dürftigen Resteder Chronik erwähnen stellvertretend für viele Helfer der Waldheimferien dieKöchin Frau Huber, die Mutter des langjährigen Vorstandsmitglieds undEhrenvorsitzenden Walter Huber.
Leider musste am Ende derzwanziger Jahre eine Schutztruppe zur Sicherung von politischen Veranstaltungenaufgebaut werden. Die sozialdemokratische Schutztruppe, der „Reichsbanner“, warauch im Waldheim stationiert. Zur Ausbildung des Reichsbanners wurde eineSchießbahn gebaut. Das Waldheim diente im Laufe der Zeit nicht nur derErholung, sondern auch der politischen Tätigkeit der SPD. Der seit 1920 alsChef vom Dienst bei der „Schwäbischen Tagwacht“ tätige Dr. Kurt Schumacher warnicht selten im Waldheim zu sehen. Das dort ausgebildete Reichsbanner musste inden sich innenpolitisch verschlechternden Zeiten oft sein politisches Wirkenals Landtagsabgeordneter in Stuttgart absichern.
Die Naziherrschaft und der zweite Weltkrieg 1933 – 1945
Die politischen Ereignisse desJahres 1933 brachten dem zu einer beliebten Erholungsstätte gewordenen Waldheimdas vorläufige Ende. An einem Samstagabend wurde das Waldheim im Auftrag derNazipartei mit allen vorhandenen Vorräten beschlagnahmt. Gewaltsam erfolgteeine Wegnahme der Kasse, Kassen- und Protokollbücher. Zunächst wurde einekommissarische Verwaltung eingesetzt, die bis zum Verbrauch aller Vorräte„verwaltete“. Trotz des Risikos eines Protestes erreichte der damaligeVorsitzende Mayer eine Besichtigung durch Oberbürgermeister Strölin und denNS-Kreisleiter. Strölin und selbst der NS-Kreisleiter bezeichneten das Waldheimals mustergültig. Die Kreisleitung lehnte jedoch eine Rückgabe des Waldheims abund bezeichnete es als „marxistische Brutstätte“. Durch den NS-Staat erfolgte1934 der Verkauf an die evangelische Paulusgemeinde, Stuttgart-West.
Was mit dem Waldheim geschehenwar, konnten aber die Heslacher nicht vergessen. Sie verzichteten künftig aufden Besuch „Ihres“ Waldheims.
Wegen dem geringen Zulauf musste die Kirchengemeinde das Anwesen 1938 an die StadtStuttgart verkaufen. Diese wusste damit allerdings nichts anzufangen undstellte das Waldheim der Hitlerjugend zur Verfügung. Diese war aber nichtimstande zu erhalten, was durch harte Arbeit, viel Idealismus und unermüdlichenEinsatz geschaffen worden war.
Wardie Beschlagnahme fast das Ende des Waldheims, so schien der Krieg denSchlusspunkt zu setzen. Bei den drei Bombenangriffen am 22. November 1942, am13. März 1943 und am 25. Juli 1944 wurden die obere Halle, die Kegelbahn unddas Planschbecken völlig, das Wirtschaftsgebäude zu 70% zerstört und dasGelände mit Bombentrichtern übersät. Ein Gesamtwert (1933) von über 130.000 Mark war vernichtet.
Wiederaufbau ab 1945 – Eröffnung am 1. Mai 1953
Trotz der schrecklichen Ereignisse und Enttäuschungen wurde noch im Jahre 1945 mit den ersten Aufräumungsarbeitenbegonnen. Die äußerst schwierigen Verhältnisse der Nachkriegszeit, in der jederselbst genug Sorgen hatte, und die Währungsreform ließen einen Wiederaufbau nurzögernd in Gang kommen. Noch vor der Rückgabe des Waldheims an den Vereininvestierten die Mitglieder 15.000 Mark in den Aufbau. Die Rückgabe desWaldheims erfolgte durch den unermüdlichen Einsatz von Otto Eßlinger, KarlOster und Walter Huber am 31. Januar 1949 an den Verein.
Wegen der schlechten finanziellenLage konnte erst im Jahre 1952 mit dem Aufbau des zerstörtenWirtschaftsgebäudes begonnen werden. Zur Behebung der Schulraumnot wurdengleich zwei Unterrichtsräume errichtet.
Am 1.Mai 1953 war es dann soweit.Glücklich nach zäher und schwerer Arbeit konnten die „Waldheimler“ zur großenFreude der Heslacher ihr neu erbautes Waldheim einweihen. Karl Oster war esnicht vergönnt, mitzuerleben, dass sein Wirken nicht umsonst gewesen war undParteifreunde sich zusammengefunden hatten, seine Idee nicht sterben zu lassen.Die Arbeit der Jahre 1945 bis 1953 war für die Aktiven des Vereins sehr hart.Von der Währungsreform im Jahre 1948 bis zum Jahre 1953 wurden im Waldheiminsgesamt über 150.000 Mark investiert. Diejenigen, die diese Zeit aus eigenerErfahrung kennen, wissen, welches persönliches Engagement erbracht werdenmusste. Ohne diesen „Kraftakt“ wäre wohl ein Wiedererstehen des Waldheims nichtdenkbar gewesen. Dass in den folgenden Jahren manches gesteckte Ziel nichterreicht werden konnte, ist heute verständlich. Die finanzielle Belastungmusste erst einmal verdaut und die persönlichen Opfer verkraftet werden. Auchwaren zu dieser Zeit, wie zur Zeit der Gründung des Vereins und auch nochheute, die Reserven der Mitarbeiter nicht unerschöpflich. Ebenso wenig diefinanziellen Mittel, die der Verein nur aus dem sommerlichen Wirtschaftsbetriebfür die Unterhaltung des ca. 90 Ar großen Geländes und für Anschaffungen allerArt aufbringen musste.
Besonders schlechte Sommer, wiebeispielsweise in den Jahren 1956 und 1957 ließen manche Planung infolge derfehlenden Finanzmittel ins Wasser fallen, oder zumindest jedoch auf die langeBank schieben. So folgte aber doch dem vollendeten Neubau desWirtschaftsgebäudes ein Anbau mit Sommertoiletten und einem Jugendraum. Dieserwurde nach dem Anwachsen der Schülerzahl ebenfalls der Schule zur Verfügunggestellt. Eine eigene Kläranlage musste geschaffen werden und die obere Hallewurde in einen vernünftigen Zustand versetzt. Weitere Planungen über dieNeuanlage des Spielplatzes folgten.
Den Wünschen und Plänen warenfinanzielle und persönliche Grenzen gesetzt. Otto Esslingers Wunsch, dass sichdie Jugend zur Mitarbeit berufen fühlt, ging nur in sehr bescheidenem Maße inErfüllung. So lastete die Hauptarbeit auf den Schultern nur weniger. Da esandererseits bei der sozialen Preisgestaltung im Waldheim auch nicht möglichwar große Reserven anzusammeln, ging es nur in kleinen Schritten mit derErhaltung, Verbesserung und Ergänzung des Vorhandenen weiter. Innerhalb desWirtschaftsgebäudes waren Veränderungen durch den wachsenden Schulbetrieb nichtmöglich. Deshalb erfolgte die Konzentration auf den Außenbereich. Dersommerliche Betrieb ließ erkennen, dass dringende Veränderungen im Spiel-,Garten- und Parkbereich nicht mehr aufschiebbar waren. Eingehende Planungenwurden vorgenommen. Nachdem die Stadt einen offenen Abflusskanal hinter demWirtschaftsgebäude eingedolt hatte, war die Voraussetzung für eine Neuanlagedes Spielplatzes dort geschaffen. Der zunehmende Autoverkehr ließ wegen derGefährdung der Besucher ein weiteres Parken hinter den Wirtschaftsgebäuden undin den anschließenden Waldstücken nicht mehr zu. Mit eigenen Kräften wurdeerforderliches Gelände gerodet, so dass 1972 mit den Vorarbeiten der Verlegungdes Spielplatzes vom heutigen Parkplatz begonnen werden konnte.
Monatelang waren die freiwilligenHelfer mit den Arbeiten zur Anlage des Kinderspielplatzes und zusätzlich einesIndianerdorfes beschäftigt. Im Mai 1972, dieser Monat war schon mehrfach fürdas Waldheim ereignisreich, konnten diese Neuheiten der Öffentlichkeitübergeben werden. Die Spielmöglichkeiten wurden ergänzt durch einKinderkarussell und 2 Tischtennisplatten, die der damalige Bundeskanzler WillyBrandt stiftete. Bei der Einweihungsfeier pflanzte der Erste Bürgermeister Dr.Jürgen Hahn einen Baum, der heute für Besucher an heißen Tagen Schattenspendet. Auch der neue Parkplatz an der Einfahrt zum Waldheimgelände konnterechtzeitig fertiggestellt werden, so dass der Garten und Spielbereich jetztohne störenden Einfluss durch Kraftfahrzeuge war.
Im November 1974 folgte der Umbauder Gaststätte im heimeligen Bauernstuben-Look.
Besondere politische Höhepunktewaren im Jahre 1976 der Besuch des österreichischen Bundeskanzlers BrunoKreisky und des ehemaligen deutschen Bundeskanzler und Vorsitzenden derSozialdemokratischen Partei Deutschlands Willy Brandt. Das Waldheim war bei denbeiden Besuchen „randvoll“. Leider bekamen viele aktive Waldheimmitglieder wenigvon den Gästen mit. Sie waren in der Küche, im Bierhaus und auf dem Parkplatztätig, damit alles rund lief und die Gäste sich wohlfühlten.
Mit den Sommerferien 1980 bezognach 25 Jahren Provisorium die Grundschule Vaihingen eigene Räume. DemWaldheimverein war es nun möglich, am frei gewordenen Wirtschaftsgebäude dienotwendigen Sanierungsarbeiten durchzuführen. Am 27. Juli 1980 konnten dieArbeiten beginnen. Heizung, Lüftung und sanitäre Anlagen wurden insgesamterneuert, die Küche wesentlich erweitert und den heutigen Erfordernissenangepasst. Zusätzlich wurden zwei Nebenräume geschaffen und im Keller einJugend- und Bastelraum eingerichtet. Die Erweiterung der Räumlichkeiten schufdem Verein jetzt die Basis, mit einem noch größeren Veranstaltungsangebotaufzuwarten. Erwähnt seien hier die beliebten Seniorennachmittage oder dieSkatturniere mit bekannten Persönlichkeiten und vielen begeistertenTeilnehmern. Beides gehörte zum festen Programm des Waldheimvereins.
Aber auch die Jugend kommt nichtzu kurz. Für sie unterhält der Verein einen Spielplatz mit 1.500 Quadratmetern,der gerne angenommen wird. Und alljährlich während der Sommerferien finden imWaldheim Kinder- und Jugendfreizeiten statt. Partner ist das Jugendamt derStadt Stuttgart, welches z. B. 1981 ein Programm zur Stadtranderholungerstellte, das 14tägige Schulaufenthalte in Freizeitstätten vorsah. Auch hierist das Waldheim Heslach dabei.
So gesehen waren die Jahre Anfangder 80er ein weiterer Schritt nach vorn.
Der Besuch von Altkanzler HelmutSchmidt war ein großes Ereignis für das Waldheim. Seit Februar 1984 bemühtesich besonders der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Ernst Haar um einen Besuchdes Altkanzlers im Waldheim. Auch bei diesem Projekt war Beharrlichkeitangesagt. Endlich wurde der 5. November 1984 als Termin zugesagt. Kurz vor demTermin kam die Hiobsbotschaft, dass am 5. November 1984 eine namentlicheAbstimmung zum Bundestagspräsidenten ansteht und man erst nach 17 Uhr von Bonnnach Stuttgart aufbrechen könnte. Nach 17 Uhr gab es aber keine Flugverbindungvon Köln/Bonn nach Stuttgart mehr. Aber auch hier konnte Abhilfe geschaffenwerden. Ein freundlich gesonnener Unternehmer stellte sein Flugzeug zurVerfügung. Dadurch konnte Helmut Schmidt seine geplanten Veranstaltungen inStuttgart wahrnehmen. Zuerst gab es einen sogenannten kleinen Empfang imWaldheim und anschließend im total überfüllten Alten Feuerwehrhaus in Heslacheine kurze Rede. Nach der Rede im Alten Feuerwehrhaus setzte sich HelmutSchmidt ans Klavier und spielte ein paar Stücke. Der Kommentar eines Besucherslautete: „So etwas hat es in Heslach noch nie gegeben“.
Eine schwere Entscheidung war 1990 zu treffen. DieBewirtschaftung des Waldheims lag in den Händen von drei beim Waldheimangestellten Arbeitkräften und vielen freiwilligen Helfern. Dies war mit einerFülle, heute kaum mehr vorstellbaren ehrenamtlichen Arbeit verbunden. Allesmusste organisiert, eingekauft und bewältigt werden. Auch damals schon ging dieBereitschaft zur ehrenamtlicher Mitarbeit in der Bevölkerung zurück. VieleMitglieder leisteten vieles aus Verantwortung für den Verein. Vieles ging auchüber die Leistungsgrenzen hinaus. Deshalb war es eine richtige Entscheidung desVorstandes, die Bewirtschaftung zu verpachten. Dies war sicher ein großer Einschnitt aber gerade hier zeigt es sich,dass es oft mutiger Entscheidungen bedarf, damit eine Idee zukunftsfähigbleibt. Dem Vorstand gehört für diese sehr gute und zukunftsweisendeEntscheidung unserer Respekt.
Die alte Holzhalle, in der die Schulwochen und andereVeranstaltungen abgehalten wurden, wurde durch ihr Alter immer sanierungsbedürftiger. 1996 stellte sich die Frage teureInstandsetzung oder Neubau einer zeitgemäßen Lösung. Ein Schwerpunkt war auchdie Finanzierung. Die lange diskutierte Lösung beinhaltete den Verkauf einervom Verein wenig benützen Geländeecke und die dadurch ermöglichte Finanzierungeiner Neubaulösung. Mit vielen Schwierigkeiten und großer Beharrlichkeit desVorstandes konnte das Projekt umgesetztwerden. Neben zwei rollstuhlgerechten Versammlungsräumen, die zusammengelegtwerden können, wurde auch die Technik des Waldheims bis hin zu den Mähmaschinensehr gut untergebracht.
In der Tradition des Waldheimes, nämlich allesozialdemokratischen Bundeskanzler bei uns zu Gast zuhaben bemühte sich WalterMann lange, Gerhard Schröder für einen Besuch zu gewinnen. Ute Kumpf und Prof.Ernst-Ulrich von Weizsäcker, die damaligen beiden StuttgarterBundestagsabgeordneten zogen alle Register. Der erste Termin platzte leider.Prof. Ernst-Ulrich von Weizsäcker kam bei dem Besuch am 1. Mai 2004 nach derMaiansprache die zündende Idee. Gerhard Schröder sollte Walter Mann bei seinemBesuch am 7. Mai 2004 im Daimler Museum zur Feier des 10-jährigen Freiheitstagsfür Südafrika kennen lernen. Obwohl Walter Mann zuerst nicht so ganz vom Erfolgüberzeugt war, machte er mit. Alles klappte, die beiden trafen sich im Museumund der Waldheimwunsch konnte in einem kurzen, aber sehr freundlichen Gesprächnochmals vorgebracht werden. Kurzum, am 23. Juni 2004 kam BundeskanzlerSchröder in Begleitung von Ute Kumpf bei strahlendem „Kanzler“- Wetter insWaldheim. Rund 220 Besucher kamen, um mit dem Kanzler eine schöne und erholsameStunde im Waldheim zu erleben. Die Schulklasse, die gerade im Waldheim ihrenUnterricht abhielt und spontan zum Kanzler stieß, erfreute Gerhard Schröderganz besonders. Der große Erfolg ließ die Strapazen und die viele Arbeit derVorbereitung in den Hintergrund treten. Es war ein unvergesslicher Tag für dasWaldheim und seine Besucher.
Veranstaltungen hatten im Waldheim immer einen hohenStellenwert. Obligatorisch sind die Feiern zum 1.Mai sowie dieSeniorennachmittage. Unter Walter Mann kam die „Heslacher Runde“ hinzu, einGespräch zu aktuellen Themen mit bekannten Persönlichkeiten. An der „HeslacherRunde“ nahmen MdB Ernst Haar, Schriftsteller Thaddäus Troll, Professor HorstEhmke, Professor Herbert Hajek, Oberbürgermeister (a.D.) Manfred Rommel u.a.teil. Weite Kreise der Bevölkerung wurden durch die Sternwanderungen des ADACins Heslacher Waldheim angesprochen. Kinderfeste,Ostereiernest suchen, der Nikolaus und Gutsle backen waren ein festes Programm.Professor Horst Ehmke, Dietz-Werner Steck (Kommissar Bienzle) und Felix Hubyführten vor vollem Haus im Waldheim Lesungen durch. Für alle Beteiligtenunvergesslich sind die Waldheimnachmittage mit unseren jüdischen Mitbürgern, die Deutschland im Dritten Reichverlassen mussten und auf Einladung der Stadt und des damaligenOberbürgermeisters Manfred Rommel nach Stuttgart reisten.
Erfreulich ist, dass die viele Arbeit im Waldheim auch durchdie Stadt Stuttgart anerkannt und gewürdigt wird. Der Bezirksvorsteher desStadtteils Stuttgart-Süd überreichte Alfred Kessler die Silberne Ehrennadel desLandes Baden-Württemberg und Walter Mann wurde mit der Staufer Medailleausgezeichnet. Eine mehr als berechtigte Auszeichnung für die jahrelangeunentgeltliche Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.
Im Juni 2005 gab der 1. Vorsitzende Walter Mann nach über 33Jahren den Vorsitz an Udo Lutz weiter. Ferner kandidierte der langjährige 2.Vorsitzenden und Bauleiter des Waldheims Alfred Kessler wegen seiner schwerernErkrankung nicht mehr. Der Wechsel im Vorstand war ein gewaltiger Einschnitt.Der einstimmige Beschluss der Jahreshauptversammlung zur Ernennung von WalterMann zum Ehrenvorsitzenden und von Alfred Kessler zum Ehrenmitglied ist nur einkleiner Ausdruck der Dankbarkeit der Mitglieder an die ganz hervorragendeArbeit in den vielen Jahren. Neben Udo Lutz wurde der langjährigeSchriftführer, Edgar Schöck, als 2. Vorsitzender gewählt. Zwei Monate später,im August 2005, verstarb unser Ehrenmitglied, Alfred Kessler, leider an denFolgen seiner schweren Erkrankung. Mit ihm verlor das Waldheim einen gutenFreund, einen exzellenten Bauleiter und immer freudigen Helfer.
Ein Höhepunkt 2005 war der Besuch von Franz Müntefering zueinem erholsamen Abend im Wahlkampf. Bei einem strahlenden Wetter blieb Franzknappe 3 Stunden im Waldheim. Viele Gespräche konnten mit ihm geführt werden.Leider durfte aus Sicherheitsgründen der Besuch nicht allgemein bekannt gemachtwerden. Für die persönlich eingeladenen Waldheimmitglieder und rund 100Genossinnen und Genossen bleibt der Abend unvergesslich. Er knüpfte an einealte Tradition des Waldheims an. Es gibt wohl keinen Wahlkampf, in dem es nichteine Veranstaltung im Waldheim gegeben hätte. Professor Horst Emke, Hans JochenVogel, Erhard Eppler, Helga Solinger, Dieter Blessing, Ute Kumpf, ProfessorErnst-Ulrich von Weizsäcker und viele andere waren bei uns zu Gast. Nicht zuvergessen der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete, Ernst Haar, der auchseinen Abschied nach über 25 Jahren im Deutschen Bundestag im Waldheim feierte.
Die Lesungen als Kulturbeitragdes Waldheims wurde zur „Kultur im Grünen“ weiterentwickelt. Karin Linse hatdazu im Vorstand die Verantwortung übernommen. Die erste Veranstaltung fand mitdem Kabarettisten Peter Grohmann im Oktober 2005 statt. Das Walter-Mann-Hauswar brechend voll. Mittelpunkt der Darbietung war das Buch von Peter Grohmann„Stuttgart zu Fuß“. Viele neue Gäste konnten an diesem Abend im Waldheimbegrüßt werden. Bei den Lesungen von Wolfgang Schorlau und Sudabeh Mohafezzeigte sich auch das Wetter von seiner besten Seite. Die Gäste blieben nach derLesung einfach auf der Wiese sitzen und erlebten einen wunderschönen Sonntag.
Die Jahre 2006 und 2007 standen im Zeichen der Neugestaltungdes Spielplatzes. Als erster Schritt wurde das Indianerdorf ausSicherheitsgründen entfernt. Zeitgleich konnte ein Großteil der gepachteten undnicht benötigten Waldfläche dem Forst zurückgegeben werden. Auf dem Platz desalten Indianerdorfes entstand eine Multifunktionsfläche zum Ballspielen, Hüttenbauen und als Aufstellfläche für eine Hüpfburg oder ein Karussell. Dieeinhellige Meinung im Vorstand war, dass der neue Spielplatz einen engen Bezugzum Wald haben sollte. Ferner sollte er durch eine sehr gute Gestaltung sichvon bestehenden Spielplätzen abheben. Kurzum, der Spielplatz im Waldheim mussetwas besonderes unter den Spielplätzen in Stuttgart sein. Spielplätze wurden angesehen, Katalogegewälzt und das Internet nach guten Vorschlägen durchforstet. Unser Architekt,Reinhard Kühn, trug die Möglichkeiten zusammen. Es entstand die Idee einerRitterburg im Dachswald. Bewältigt werden musste u.a. die Probleme mit dem Gefälle des Spielplatzes unddie Verbesserung der Sitzmöglichkeiten für die Eltern der Kinder. Die erstenKostenvoranschläge erzeugten wegen ihrer Höhe dem Vorstand viele schlafloseNächte. In stundenlangen Besprechungen gelang es dem Architekten Reinhard Kühnmit den Firmen kostengünstigere Lösungen zu entwickeln. Im Frühjahr 2007rückten endlich die Bagger an. Mit Ausnahme zweier Hiobsbotschaften in Formeines nicht bekannten Kanals und der Fundamente des alten Schwimmbeckens ausder Vorkriegszeit ging alles reibungslos. Am 1. Mai 2007 konnte der Spielplatzdurch die SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt im Beisein derSPD-Bundestagsabgeordneten Ute Kumpf und unter der Beteiligung vieler Kindereingeweiht werden. Schon am Einweihungstag zeigte sich, dass der Spielplatz dierichtige Entscheidung und ein voller Erfolg war. Die Baukosten betrugen rd.150.000 Euro, für einen Verein eine beeindruckende Summe. Trotzdem wurde derVorstand öfters von Spielplatzexperten gefragt, wie er mit – aus deren Sicht geringenBetrag – einen so schönen und großen Spielplatz gestalten konnte. Unser Dankgeht an den Architekten Reinhard Kühn und die beteiligten Firmen.
Immer mehr Besucher die auf einen Rollstuhl angewiesen sind,kommen ins Waldheim. Dies ist sehr erfreulich, wenn man sich trotz desHandicaps nicht zurückzieht. Dem Vorstand war es ein Anliegen, diesen Besucherndie nötigen Einrichtungen zu bieten. DerBesuch soll auch ohne Begleitung und Hilfe möglich sein. Beim Neubau des Walter-Mann-Hauseswurde gleich ein rollstuhlgerechtes WC eingebaut. Schwachpunkt war dieGaststätte mit dem Biergarten. Rund 75.000 Euro kostete die Aufrüstung für dieein eigener Anbau erstellt werden musste. Ein weiterer Problempunkt im Waldheimwar auch die fehlende Wickelmöglichkeit für Kleinkinder. Der Wickeltisch konntejetzt in dem neuen rollstuhlgerechten WC untergebracht werden. Beide Maßnahmenwaren nicht billig aber eine gewaltige Verbesserung für den betroffenenPersonenkreis.
Was wäre der Waldheimverein ohne seine Ausflüge. Jedes Jahrgibt es eine Fahrt zu einem schönen Punkt, meist in Baden-Württemberg. WalterMann und unser Schriftführer, Willi Thiele, sind die Chefplaner undOrganisatoren. Es steckt immer viel Arbeit hinter einer solchen Organisation,aber für Mitglieder und Freunde bedeutet die Ausflüge immer viel Freude.
Nach 100 Jahren Waldheim darf man einmal die selbstkritischeFrage stellen: Ist so etwas noch nötig? Hat sich das Ganze nicht überlebt? Gibtes heute überhaupt noch die Sorgen und Probleme, die 1908 auf der Tagesordnungstanden? Die Antwort ist leider ja. Es gibt die Sorgen und Probleme noch. 2008wird die Stadt Stuttgart eine Armutskonferenz mit dem Schwerpunkt Kinderarmutdurchführen. Viele Eltern können sich keinen Urlaub mehr leisten, da werdenWaldheimferien wieder wichtig. Der Satzungszweck des Waldheimvereins ist heutegenauso richtig wie 1908. Natürlich muss sich auch das Waldheimweiterentwickeln, ohne den Zweck aus den Augen zu verlieren. MutigeEntscheidungen gehören heute wie damals dazu. Die Aufgaben für das Waldheimwerden nicht ausgehen. Die Frage ist nur, ob es auch in Zukunft genügendMitbürger gibt, die bereit sind, einen Teil ihrer freien Zeit für Ziele desWaldheims und zum Wohle der Mitmenschen einzusetzen.
Auch für das Waldheim gelten die Sätze die Willy Brandt imGrußwort 1992 an die Sozialistische Internationale geschrieben hat:
Nichts kommt von selbst.
Und nur wenig ist von Dauer.
Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft
und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will
und man auf ihrer Höhe zu sein hat,
wenn Gutes bewirkt werden soll.